Über das Projekt

Hintergrund

Auch wenn in den letzten Jahren vermehrt Arzneimittel für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen zugelassen wurden, ist es nach wie vor unvermeidlich, dass eine Vielzahl an Arzneimitteln außerhalb ihrer Zulassung (sog. off-label Gebrauch) und ohne kindgerechte Darreichungsform in der Pädiatrie eingesetzt wird. Davon betroffen sind insbesondere Früh- und Neugeborene sowie komplexkranke und schwer beeinträchtigte Kinder.

Aufgrund des off‐label Gebrauchs und der entwicklungsbedingten Besonderheiten müssen zur Anwendung und zur Abbildung der benötigten Dosis Medikamente häufig abweichend von der Fachinformation und Gebrauchsanweisung zubereitet werden. Das erfolgt oftmals durch Manipulation (z. B. durch Teilen, Mörsern, Suspendieren) durch die Eltern/Versorgenden oder es bedarf einer Rezepturherstellung in der Apotheke. Die Risiken, die bei der Zubereitung bzw. Verabreichung solcher Arzneimittel entstehen, wie z. B. Dosierungsungenauigkeiten oder Stabilitätsprobleme, sind sowohl in der stationären als auch in der ambulanten Behandlung der Kinder relevant. Der Übergang von der stationären in die ambulante Versorgung ist jedoch besonders problematisch, da die Verantwortung für die Verabreichung der Medikamente bei der Entlassung vom Krankenhauspersonal auf die Pflegenden bzw. Eltern übergeht und weitere Akteure (z. B. Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte, öffentliche Apotheken) in die Versorgung involviert werden.

Aufgrund der beschriebenen Hürden und potentiellen Gefahren bei der Therapie mit manipulierten Arzneimitteln bzw. Rezepturen werden dringend valide und niederschwellig zugängliche Handlungsempfehlungen für die Zubereitung von Arzneimitteln benötigt, die die Arzneimitteltherapiesicherheit in dieser vulnerablen Patientengruppe gewährleisten. Dies hat sich die PHArMKid Projektgruppe zum Ziel gesetzt.


Methodik

Das Projekt setzt sich aus mehreren qualitativen und quantitativen Studien mit drei verschiedenen Datenquellen zusammen, welche aufeinander aufbauen bzw. komplementär zueinander sind und schließt mit konsensbasierten Handlungsempfehlungen ab.

Schaubild zur Methodik des Projekts PHArMKid
Schaubild zur Methodik des Projekts PHArMKid

In einem ersten Schritt werden bestehende Bedarfe in der Arzneimittelversorgung von Kindern erfasst. Hierfür werden Inhalte der Datenbank Kinderformularium.DE, die evidenzbasierte Informationen zur Anwendung von Arzneimitteln in der Pädiatrie bereitstellt, in Hinblick auf off-label Anwendungen analysiert. Daran schließt sich eine Analyse von Krankenkassen-Routinedaten der Techniker Krankenkasse an. Als dritte Säule werden die Bedarfe der verschiedenen am Medikationsprozess beteiligten Interessensgruppen ermittelt. Im Fokus stehen die Interessensgruppen der 1) Ärztinnen und Ärzte für Kinder- und Jugendmedizin, 2) Apothekerinnen und Apotheker und der 3) Patientinnen und Patienten und deren Eltern/Betreuungspersonen.

An die Bedarfsermittlung schließt sich die Versorgungsanalyse an, bei der die Ergebnisse der Analysen und bestehendes Wissen zusammengeführt werden (Ergebnis- und Informationsintegration).

In einem dreistufigen Delphi-Prozess werden schließlich die Handlungsempfehlungen entwickelt und konsentiert, bevor diese allen Beteiligten zur Verfügung gestellt werden. 


Ziele

Ziel von PHArMKid ist es, Probleme bei der Medikation von Kindern und Jugendlichen (Fokus Früh- und Neugeborene und Kleinkinder (<6 Jahren) sowie Kinder mit komplexen Erkrankungen) auf verschiedenen Ebenen zu identifizieren und anschließend konkrete und wissenschaftlich fundierte Handlungsempfehlungen zu erarbeiten, um die Sicherheit der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Arzneimitteln zu verbessern.

Hierzu sollen:

1.) das Versorgungsdefizit beim Entlassmanagement bzw. im ambulanten Versorgungsbereich der Kinder‐ und Jugendmedizin wissenschaftlich beschrieben

und

2.) evidenzbasierte Empfehlungen, z.B. zur individuellen Zubereitung und sicheren Anwendung von Arzneimitteln, erarbeitet werden.

Ein besonderes Augenmerk bei der Entwicklung der Handlungsempfehlungen liegt auf den Bedürfnissen der Eltern/Pflegenden und der kleinen Patientinnen und Patienten in der häuslichen Versorgung, die durch Beteiligung von Patientenorganisationen Berücksichtigung finden sollen.